Yoga ist Teil der indischen Ayurveda-Lehre und hat sich über viele Jahrhunderte entwickelt. Viele der bekanntesten Begriffe stammen aus der indischen Sanskrit-Sprache, die im heutigen Indien kaum noch eine Rolle spielt. Ein guter Vergleich für den europäischen Sprachraum ist Latein. So wie Latein die Grundlage für heutige romanische Sprachen bildet und zahllose lateinische Wörter Eingang in andere europäische Sprachfamilien gefunden haben, haben zahllose Sanskrit-Wörter Eingang in die modernen indischen Sprachen wie Hindi und Bengali gefunden. Übrigens haben Sanskrit und Latein gemeinsame Wurzeln in der indoeuropäischen Sprachfamilie.
Einige der wichtigsten Sanskrit-Begriffe, die Ihnen bei der Beschäftigung mit Yoga immer wieder begegnen werden, haben wir hier kurz für Sie zusammengefasst:
Asana
Das Wort Asana bedeutet „Sitz“. Speziell beim Yoga sind damit die einzelnen Positionen gemeint, die Sie während der Yogastunde einnehmen. Jedes Asana beginnt damit, dass Sie diese Position bewusst einnehmen, sie halten und wieder auflösen. Zu jedem Asana gehört das richtige Atmen (Pranayama). Im Zusammenspiel führen beide zur harmonischen Einheit von Körper und Geist.
Die Bewegungsabläufe insgesamt werden als Karana („Aktivität“) bezeichnet. Ein solcher Bewegungsablauf ist beispielsweise der Sonnengruß (Surya Namaskara), bei dem 12 Asanas nacheinander ausgeführt werden und ineinander übergehen.
Nach der indischen Mythologie hat der Hindu-Gott Shiva 8,4 Millionen Asanas gelehrt. Mittelalterliche Schriften erkennen dagegen nur 84 Asanas als nützlich für den Menschen an. Yogis des 20. Jahrhunderts wie T. Krishnamacharya und B. K. S. Iyengar haben die Zahl der Asanas auf über 120 erweitert. Einige davon kennen Sie vermutlich auch so, zum Beispiel den Lotussitz (Padmasana), der an den europäischen Schneidersitz erinnert, oder den Kopfstand (Shirshasana).
Chakra
Chakra bedeutet „Rad“ oder „Kreis“. Nach der indischen Tantra-Lehre besitzt jeder Mensch Energiezentren (Chakren), die den eigentlichen Körper mit dem sogenannten Astralleib verbinden. Sieben dieser Chakren gelten als wichtigste Energiezentren und befinden sich entlang der Wirbelsäule:
- Scheitel
- Stirn
- Hals
- Herz
- Nabel
- Genitalien
- Wurzel (Steißbein)
Ist eines der Chakren blockiert, kann die Lebensenergie (Prana) nicht fließen. Dies kann dies zu Störungen auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene führen. Das ursprüngliche Ziel von Yoga in der indischen Lehre ist eine Lockerung und Heilung der Chakren. Die Chakren spielen vor allem beim spirituell geprägtene Kundalini-Yoga eine große Rolle.
Tantra
Tantra bedeutet soviel wie „Gewebe“. Tantra ist eine philosophische Strömung innerhalb des Hinduismus und des Buddhismus. Kurz gesagt handelt es sich dabei um eine esoterisch-spirituelle Lehre, die zu einem besseren Verständnis des inneren Selbst führen soll. Heute wird Tantra meist mit Ekstase und Sinnlichkeit gleichgesetzt. Diese soll zur Selbstverwirklichung führen.
Mantra
Mantra heißt „Lied“ oder „Spruch“. Gemeint ist damit ein heiliges Wort oder eine heilige Silbe (die oft für den Namen einer Gottheit steht). Das wiederholte Rezitieren dieses Wortes oder der Silbe soll geistige und spirituelle Energien freisetzen. Damit unterscheidet sich der Hinduismus nicht vom Christentum, in dem beispielsweise beim Rosenkranz das Ave Maria viele Male hintereinander rezitiert wird. Die Konzentration auf ein Wort (oder in diesem Fall die Formell des Gebets) führt dazu, dass sich der Geist leert und zur Ruhe kommt.
Das bekannteste Mantra im Yoga-Bereich ist natürlich das heilige Wort Om, symbolisch dargestellt als ॐ
O und M sind der erste und letzte Buchstabe des Sanskrit-Alphabetes, womit das Wort OM quasi den gesamten Wortschatz umschließt. Tatsächlich umfasst das indische Symbol jedoch die drei Laute A, U und M die alle drei Bewusstseinsphasen beschreibt:
- A – den Wachzustand
- U – den Traumzustand
- M – den traumlosen Tiefschlaf
Das darüber liegende Halbkreis und Punkt ist optisch getrennt, denn er symbolisiert die Transzendenz, den Zustand, den der Mensch in der Regel nicht erreichen kann.
Beim Yoga verstärkt das wiederholte A-U-M als Mantra die Atmung: Das A beginnt tief im Bauch, wandert als U in die Brust und endet als M im Kopf.
Weil das OM alleine etwas eintönig ist, setzen viele Yogis auf das Mantra „Om, Shanti, Shanti, Shanti“. Shanti ist das Sanskrit-Wort für Frieden. Es wird dreimal wiederholt, um dreifachen Frieden auszudrücken: Erst für sich selbst, dann für den engeren Familien- und Freundeskreis und schließlich für die ganze Welt.
Ein Tipp: Zahlreiche Mantras zum Reinhören und als Begleitung zum Yoga gibt es bei Streaminganbietern wie Spotify oder in Form von Podcasts.
Karma
Karma lässt sich mit „Stamm“ übersetzen. Dahinter steckt die hinduistische Lehre der ständigen Wiedergeburt (Samsara), die sich erst mit dem Eingang ins Nirvana (Moksha) beenden lässt. Der Gedanken hinter Karma ist, dass gute und schlechte Taten stets eine Folge haben – auch wenn sich diese möglicherweise erst im nächsten Leben (zum Beispiel durch eine Wiedergeburt als niederes Lebewesen) bemerkbar macht. Gutes Karma lässt sich zum Beispiel durch Wohltätigkeit erreichen.
Ashram
Das Wort Ashram stammt ausnahmsweise nicht aus der Sanskritsprache, sondern wurde von den Engländern geprägt. Es entwickelte sich aus dem Sanskrit-Wort „Srama“ für Anstrengung. Für Brahmanen (die oberste Kaste des hinduistischen Kastensystems) gelten vier Lebensstadium (Aschramas): Schüler, Haushalter, Einsiedler und Erleuchtungsuchender. In der dritten Phase zog sich der gläubige Brahmane als Einsiedler zur Meditation in die asketische Einsamkeit (Ashram) zurück.
Mit dem Strom westlicher Hippies und Sinnsuchender nach Indien in den 60er und 70er Jahre entwickelten sich Meditationszentren, in denen indische Gurus (Lehrer) ihre Lehre weiterverbreiteten. Auch diese wurden als Ashrams bezeichnet. Berühmt (und bei konservativen Eltern gefürchtet) war der als „Bhagwan“ bekannte Guru Chandra Mohan Jain, der 1974 seinen ersten Ashram in Poona gründete und dessen Schüler seine Lehre in aller Welt verbreiteten. Nicht minder berühmt wurde der Ashram von Maharishi Mahesh Yogi in Rishikesh, in dem sich Popstars wie die Beatles und Donovan zum Meditieren zurückzogen.
Guru
Das Wort „Guru“ hat im Westen heute eine eher negative Assoziation, da sie oft in Verbindung mit Scharlatanen und Sektenführern verwendet wird. Tatsächlich bedeutet Guru nichts anderes als „Lehrmeister“ – das Wort selbst lässt sich mit „gewichtig“ im Sinne von bedeutend und gebildet übersetzen. Ein Yogalehrer wird dagegen als Yogi bezeichnet. Ein Guru kann ein Yogi sein, doch nicht jeder Yogi, der heute westliches Yoga unterrichtet, ist damit gleich ein Guru.
Namasté
In vielen Yogakursen begrüßen und/oder verabschieden sich Yogi und Schüler mit dem Wort „Namasté“. Es wird in der Regel von einer leichten Verbeugung begleitet, bei den die Handflächen flach aneinanderliegen. In Indien ist es die übliche respektvolle Begrüßung und Verabschiedung zwischen zwei Menschen, die auch in anderen asiatischen Ländern sehr verbreitet ist. Thailand-Reisende kennen sie als Wai.
Die Formel „Namasté“ bedeutet wörtlich übersetzt „ich verbeuge mich vor dir“ und gilt als Zeichen des Respektes. Wer seinem Yogi noch höhere Ehre erweisen will, der hebt die aneinander gelegten Hände bei leicht gebeugter Kopfhaltung an die Stirn, sodass die Fingerspitzen der Zeigefinger die Stirnmitte berühren. Hier befindet sich im Hinduismus das unsichtbare dritte Auge.